Frau Prof. Loh, Sie sind nicht nur als Dozentin an der BHT tätig, sondern setzen sich nun auch seit knapp vier Jahren für die Entwicklung eines neuen Masterstudiengangs ein. Nun kann man fast offiziell sagen, dass Sie es endlich geschafft haben und es ab dem Wintersemester 2025/26 den Master geben wird. Um unseren Leser*innen einen Einblick zu geben, was sich dahinter verbirgt, was dies für Sie und alle Beteiligten als auch Interessierten bedeutet, habe ich ein paar Fragen mitgebracht.
Könnten Sie uns zu Beginn einen Einblick geben: Was verbirgt sich hinter Ihrem neuen Masterprogramm Transformation Design & Print?
Der neue Masterstudiengang baut auf dem USP des Bachelor Digitale Medien & Print auf. Es wird interdisziplinär Design und Technik zusammen gedacht. Es besteht ein großes Wahlpflichtangebot und eine starke Projektorientierung, die sich durch alle Semester zieht. Dabei spielen die Interessen der Hochschule, der Lehrenden sowie die Entwicklung unseres Bachelorprogramms Digitale Medien und Print eine wichtige Rolle. Es war uns wichtig, den Bachelor als Fundament zu nutzen, da er durch die einzigartige Verbindung von Gestaltung, Marketing und Technik bereits ein Alleinstellungsmerkmal bietet.
In der Berufswelt zeigt sich immer wieder, dass Designer*innen, die zusätzlich Marketing- und Technikkompetenzen mitbringen, einen klaren Vorteil haben. Genau diese Vielseitigkeit möchten wir im Master weiter fördern. Unser Ziel ist es, Studierende für eine interdisziplinäre Arbeitsweise zu qualifizieren, bei der Strategie, Gestaltung und Umsetzung eng miteinander verbunden sind. Technik verstehen wir dabei als innovatives Element, das neue gestalterische Möglichkeiten eröffnet – und diese heben wir unter dem Leitbegriff „Transformation“ auf ein neues Level.
Ein besonderer Fokus liegt darauf, wie Medienprojekte auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit eingehen können. Wir möchten, dass sich unsere Absolvent*innen nicht nur mit Konsum auseinandersetzen, sondern aktiv an positiven Veränderungen mitwirken. Dies umfasst Kampagnen und Produkte, die Nachhaltigkeit fördern, technische Innovationen nutzen und Design auf ein höheres Niveau bringen.
Dieser Master soll kein weiteres klassisches Kommunikationsdesign-Programm sein. Stattdessen wollen wir Verantwortung übernehmen und echte Transformation ermöglichen – in der Designwelt und darüber hinaus.
Wie haben Sie den Master aufgebaut, um ihn von anderen Design Studiengängen abzuheben?
Was diesen Master besonders auszeichnet und ihn auf ein höheres Level hebt, ist sein projektorientierter Ansatz. Aus meiner Erfahrung entstehen die spannendsten Ergebnisse, wenn Studierende eigenverantwortlich an einem Thema arbeiten können, das sie selbst gewählt haben und für das sie brennen. Indem sie sich intensiv mit der Welt und dem Produkt auseinandersetzen, können sie kreative Lösungen entwickeln. Gerade im gestalterischen und technischen Bereich ermöglicht ein Semesterprojekt mit interdisziplinärer Betreuung und klaren Aufgabenstellungen eine tiefergehende, nachhaltige Entwicklung. Statt immer wieder in Übungsschleifen einfache Skills abzuarbeiten, die schnell wieder vergessen werden, können die Studierenden hier mit ihrer eigenen Leidenschaft und Fokussierung an echten Herausforderungen wachsen. Deshalb legen wir großen Wert auf diesen projektorientierten Ansatz.
Für alle die den Modulhandplan noch nicht kennen: Inwiefern unterstützen die Module und deren Aufbau über die Semester die Ziele des Masters?
Der Master ist so strukturiert, dass in jedem Semester ein großes, interdisziplinär betreutes Projekt im Mittelpunkt steht. Diese Projekte werden von Professor*innen aus verschiedenen Bereichen wie Technik, Gestaltung und Projektmanagement begleitet und bieten den Studierenden die Möglichkeit, praxisnah und kreativ zu arbeiten.
Im ersten Semester steht der analoge Raum im Fokus, wobei physische Umgebungen und Materialtechniken im Kontext des Kommunikationsdesigns erkundet werden. Das zweite Semester widmet sich dem bewegten Raum, mit Schwerpunkten auf Simulationen und immersiven Gestaltungen. Im dritten Semester liegt der Schwerpunkt auf dem digitalen Raum, in dem Projekte digital weiterentwickelt werden können.
Die Studierenden haben die Wahl, entweder jedes Semester ein neues Projekt zu beginnen oder ein Thema über die gesamte Studiendauer hinweg weiterzuverfolgen – von der analogen über die bewegte bis hin zur digitalen Ebene. Regelmäßige Kolloquien begleiten diesen Prozess, in denen Fortschritte präsentiert und Feedback von den betreuenden Professor*innen eingeholt wird.
Ergänzend gibt es begleitende Module, die den Studierenden Wahlmöglichkeiten bieten, um ihre individuellen Interessen zu vertiefen. Wie schon im Bachelor wurde hier ein flexibles Konzept integriert: Studierende können zwischen designorientierten und technisch ausgerichteten Wahlfächern wählen. Für diejenigen, die international Erfahrung sammeln möchten, besteht die Möglichkeit, das dritte Semester als Auslandssemester zu gestalten.
Das vierte Semester ist vollständig der Abschlussarbeit gewidmet. Wer besonders begeistert von einem Thema ist, hat die Chance, dieses durch alle Semester hindurch bis zur Masterarbeit weiterzuentwickeln.
Das Angebot eines Praxissemesters wird es in diesem Master nicht geben, richtig?
Das Studium wird wie bereits erwähnt ohnehin sehr praxisorientiert sein, daher wird es diese Möglichkeit hier nicht geben. Allerdings werden wir versuchen, regelmäßig kooperative Projekte anzubieten, bei denen wir mit realen Kunden zusammenarbeiten können. Zudem gibt es über unser Netzwerk immer wieder verschiedene Themen, an denen man im Rahmen seines Forschungsprojekts mitwirken kann. Wir schaffen Real-Life-Spaces, Büros und Urban Labs vor Ort, wo man sich mit anderen austauschen und mit seiner eigenen Expertise einbringen kann.
Es gibt also spannende Kooperationsmöglichkeiten. Dabei kann man entweder aus bestehenden Projekten wählen oder ein eigenes Projekt entwickeln.
Welche besonderen Voraussetzungen sollten Studieninteressierte mitbringen, um sich für den Master zu bewerben? Gibt es zum Beispiel Anforderungen wie eine kreative Mappe oder die Vorbereitung auf einen speziellen Eignungstest? Und welche Zielgruppe wollen Sie hier ansprechen und erreichen?
Derzeit wird die Zulassung zum Masterstudiengang ausschließlich durch den Numerus Clausus (NC) geregelt. Sollte der Master jedoch großen Zuspruch finden und der NC weiterhin das einzige Kriterium bleiben, möchte ich prüfen, ob eine Anpassung möglich ist – auch wenn es in der Vergangenheit viel Gegenwind für solche Ideen gab. Denkbar wäre, die Auswahl zukünftig durch einen Eignungstest oder die Abgabe eines Portfolios zu ergänzen. Mir ist es wichtiger, ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin die Bewerber*innen möchten, welche Kompetenzen sie mitbringen und wie sie interdisziplinär denken, als allein auf den NC zu setzen. Allerdings ist dies an einer technischen Hochschule zunächst ein Diskussionspunkt. Wenn wir feststellen, dass es genügend Bewerber*innen gibt, könnten wir diesen Ansatz langfristig etablieren.
Für den Moment starten wir mit dem NC und beobachten die Entwicklung. Studieninteressierte sollten dabei ein starkes Interesse an Design, technischer Innovation, Nachhaltigkeit, Ethik, Verantwortung sowie Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit mitbringen.
Neugier, Spaß an Gestaltung und die Offenheit für Veränderung sind essenziell. Wir suchen Menschen, die auf der Suche nach neuen Wegen sind, Probleme als Chancen begreifen und bereit sind, Neues zu schaffen. Ja, die Welt bringt Herausforderungen mit sich, aber sie bietet auch spannende Aufgaben, die kreative Lösungen erfordern.
Mit Optimismus statt Resignation lassen sich diese Aufgaben angehen. Es geht darum, Projekte mit einem „Ja“ zu starten, offen und mutig zu bleiben, Neues auszuprobieren. In diesem Studiengang wollen wir die oft allgegenwärtige Haltung des „Nein“ durchbrechen.
Das bedeutet nicht, dass das Bewahren unwichtig ist – ganz im Gegenteil. Nachhaltigkeit bedeutet auch, wertvolle Dinge wie die Natur zu schützen. Doch um sie zu erhalten, müssen wir neue Wege denken. Es geht nicht nur um Verzicht, sondern darum, Kommunikation so zu gestalten, dass sie Menschen zu bewussterem Handeln inspiriert.
Mein Ziel ist es, dass die Studierenden Herausforderungen als Chancen sehen – als Möglichkeiten, etwas Großartiges und Wertvolles zu entwickeln.
Sie nennen oft den Begriff Nachhaltigkeit bezogen auf den Master. Würden Sie sagen, dass Transformation und Nachhaltigkeit hier eine Einheit bilden? Und welche konkrete Rolle spielt die Nachhaltigkeit in diesem Kontext?
Also, ich bin der Meinung, dass das Klima die Menschheit wesentlich beeinflusst. Wir entscheiden hier und jetzt ein bisschen mit, in welche Richtung. Für mich ist Nachhaltigkeit ganz eng mit dem Klima verknüpft. Jegliche Transformation, also alles, was jetzt an Veränderungen passiert, kann, glaube ich, nicht ohne das Klima gedacht werden. Deswegen hängt das für mich so zusammen. Aber Nachhaltigkeit kann ja alles Mögliche sein – es kann ja auch soziale Nachhaltigkeit sein. Auch das finde ich wichtig. Ich finde den Begriff gut, weil ich glaube, bei vielen eröffnet sich dadurch eine ganze Welt und ein Storytelling, in dem Verantwortung, Ethik, Ökologie und ähnliche Aspekte eine Rolle spielen.
Und was würden Sie sagen, warum braucht die BHT diesen Master?
Da gibt es ja viele Aspekte… Wir haben hier viele nebeneinanderstehende Koryphäen oder interessante Bereiche. Die Idee dieses Masters ist, dass all dieses Einzelwissen zusammenkommt, sich potenziert und dann erst richtig großartige Dinge entstehen. Das ist auch meine Hoffnung, insbesondere in diesen Projekten – dass Michael Dattner und ich gemeinsam daran arbeiten. Für mich ist das auch nicht immer einfach, aber ich glaube, genau dann entsteht etwas richtig Gutes. Interdisziplinär voneinander lernen, kooperieren und verschiedene Perspektiven auf Themen einbringen – genau das braucht die Hochschule.
Wie fühlen Sie sich jetzt kurz vor Beginn des großen Projekts Design-Master?
Ich bin voller Vorfreude und fühle große Begeisterung. Der Studiengang wird zwar erst im nächsten Jahr starten, da noch einige abschließende Formalitäten geklärt werden müssen, aber das ist ganz normal bei der Umsetzung eines solch umfangreichen Projekts. Es war ein intensiver Prozess, der viel Einsatz und Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen erfordert hat.
Jetzt, da alles auf den Weg gebracht ist, bin ich einfach nur dankbar und stolz. Das Projekt liegt mir sehr am Herzen, ich finde das Thema äußerst spannend und bin hochmotiviert, es umzusetzen.
Kommen wir zur abschließenden Frage, um alle nochmal zu motivieren – Warum sollten sich Studieninteressierte für diesen Master bewerben?
Vielleicht sollte die Frage eher lauten: Warum nicht? Was spricht eigentlich dagegen? Natürlich gibt es den nachvollziehbaren Wunsch, nach dem Bachelor zunächst in die Arbeitswelt einzutauchen, Erfahrungen zu sammeln und später zurückzukehren. Das ist ein legitimer Weg.
Trotzdem halte ich es für sehr wichtig, auf den Bachelor noch etwas aufzubauen. Dieser Abschluss bildet lediglich die Basis. Ein Masterstudium bietet die Möglichkeit, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln und entscheidende Fragen zu stellen: Wo möchte ich hin? Was ist mein Weg? Es eröffnet Raum für Reflexion und Orientierung.
Aus meiner Sicht gibt es kaum stichhaltige Gründe gegen ein Masterstudium – es sei denn, jemand entscheidet sich bewusst für praktische Erfahrungen oder strebt eine rein technische Tätigkeit an, wie zum Beispiel im Programmieren. Für gestalterische und interdisziplinäre Berufsfelder sehe ich jedoch keinen Grund, der dagegenspricht – es sei denn, jemand hat keinerlei Interesse an gesellschaftlichen Themen, Umweltfragen oder der Wirkung der eigenen Arbeit. Wer nur gestalten möchte, ohne sich um deren Bedeutung zu kümmern, ist hier wahrscheinlich falsch.
Doch für alle, die gestalten wollen, um etwas zu bewegen, bietet dieser Studiengang ideale Voraussetzungen. Ein Master schafft nicht nur Fachwissen, sondern auch die Möglichkeit, aktiv Einfluss zu nehmen – sei es auf gesellschaftliche, ökologische oder kulturelle Entwicklungen.
Ein inspirierendes Beispiel ist Stefan Sagmeister, dessen Ausstellung Heute ist besser kürzlich in der Ukraine großen Anklang fand. Sie zeigt, wie Gestaltung Hoffnung und Veränderung bewirken kann. Genau diese Kraft der Gestaltung macht diesen Studiengang so besonders.
Wer sagt, „Ich will nur Technik verstehen“ oder „Ich will Designer sein, aber es ist mir egal, welche Wirkung meine Arbeit hat“, wird hier möglicherweise nicht glücklich. Aber für diejenigen, die neugierig sind, gesellschaftliche Fragen bewegen und mit ihrer Arbeit einen Unterschied machen wollen, ist dieser Master die richtige Wahl.
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