Das Alumni Magazin des Studiengangs Druck- und Medientechnik


Mit Baby in der Vorlesung

Studieren mit Kind – Ein persönlicher Erfahrungsbericht

In diesem Artikel schildere ich meine persönlichen Erfahrungen und wie ich es erlebe (und erlebt habe), mit einem Kind zu studieren. Spoileralarm: Letztendlich saß ich aber nie mit meinem Baby in einer Vorlesung.

Akademische Vorgeschichte

Ich finde, dass es hilfreich ist, etwas über meine Vorgeschichte hinsichtlich von Schule, Ausbildung und Studium zu wissen, um die Situation im Ganzen besser einordnen zu können.

2014, ich war frische 18 Jahre alt, machte ich mein Abitur an einem katholischen Gymnasium in Berlin. Mathe und Kunst waren dabei meine Leistungskurse. Um ehrlich zu sein hatte ich, wie so viele, keine Ahnung, was ich studieren sollte. Um das Klischee aber brav zu erfüllen, schrieb ich mich im Sommersemester 2015 für ein BWL-Studium in Berlin ein. Ich hielt ganze drei Monate durch, ehe ich das Handtuch schmiss. Es war schließlich nicht das, was ich anstrebte. Zeit verging, welche ich mit Nebenjobs überbrückte, ehe ich 2016 eine Ausbildung zum Produktdesigner in Berlin begann. Hier war ich richtig! Durch mein Abitur ging die Ausbildung nur zwei Jahre. Dadurch hatte ich 2018 meinen Abschluss und hängte gleich danach ein Studium dran. „Design und Produktmanagement“ nannte sich mein Traumstudiengang, den ich aber nicht in Berlin, sondern in Österreich, in der Nähe von Salzburg begann. Aus persönlichen Gründen brach ich das Studium jedoch im vierten Semester ab und zog zurück nach Berlin. Das Ganze spielte sich im Februar 2020 ab. Wir erinnern uns. Im März gab es den ersten Corona-Lockdown in Deutschland. Kaum war ich also zurück in Berlin wurde die Welt auf Pause gesetzt. Nichts war wie zuvor. Mehr als Spazieren durfte man draußen nicht machen. Also gab es auch an mich nicht den Anspruch, sofort wieder produktiv sein zu müssen. Ich nutzte die Zeit, um etwas Abstand zu meiner alten Fachrichtung zu gewinnen. Mit meiner Ausbildung als Produktdesignerin zu arbeiten, war also keine Option. Ich fing an, mich für den Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ zu interessieren. Hierfür gab es auch einen Studiengang, welcher jedoch erst als Master so spezifisch wurde. Ich entschied mich dafür, den passenden Bachelor zu wählen. „Kultur und Technik – Sprache und Kommunikation“ hieß er und ich studierte ihn an der TU Berlin. Glücklicherweise wurden mir bereits Leistungspunkte aus dem vorherigen Studium anerkannt, ebenso meine Ausbildung. Ich konnte mir etwas Zeit ersparen, indem ich zum dritten Fachsemester einstieg. Bald suchte ich mir einen Nebenjob in einem Presseteam, da dies inhaltlich zu meinem neuen Studium passte.

Familienplanung

In Corona-Zeiten hatte wir alle sehr viel Zeit und man durfte nur sehr wenige Leute treffen. Bei mir wurde es mein bester Freund, den ich zu Beginn der Oberschule kennengelernt hatte. Was soll ich sagen? Es wurde schließlich mehr als Freundschaft und nun sind wir seit vier Jahren zusammen.

Wir zogen gut ein Jahr später in eine gemeinsame Wohnung. Wir beide noch Studenten. Unverhofft kommt oft und so wurde ich Anfang 2022 ungeplant schwanger. Leider verlor ich das Kind nach wenigen Wochen. Es war ein Trauerprozess, den sowohl mein Freund als auch ich durchleben mussten, doch es änderte maßgeblich unsere Lebensplanung. Wir wussten zwar schon immer, dass wir Kinder haben wollten, doch war dies erst für nach unseren Abschlüssen angedacht. Ein Kind zu erwarten, hatte sich jedoch sehr richtig angefühlt. Wir beschlossen, nicht mehr bis zum Abschluss damit warten zu wollen. Ein gutes halbes Jahr später war ich also wieder guter Hoffnung. Meine letzten Unikurse beendete ich während meiner Schwangerschaft und es stand nur noch die Bachelorarbeit an. Diese war jedoch zeitlich nicht mehr vor der Geburt unserer Tochter zu bewältigen.

Leben mit unserer Tochter

Im Juli 2023 erblickte unsere kleine Maus das Licht der Welt. Die Geburt war sehr schwer, doch ich kann mir vorstellen, dass wahrscheinlich jede frischgebackene Mutter folgende Worte zu sich sagen wird: „Ich bin so stolz auf mich.“

Dadurch, dass mein Freund sich etwas mehr Zeit mit seinem Studium ließ, konnte er die ersten Monate besonders viel Zeit zu Hause verbringen, was wirklich eine Erleichterung war. Man muss dazu sagen, dass unsere Tochter ein echtes Kuschelkind ist. Es war die ersten sechs Monate nicht möglich, sie abzulegen, sie hat nur auf uns gelebt. Ich beneide oft Eltern, die ihr Neugeborenes in einem Kinderwagen umherfahren können. Unsere hat erst mit zehn Monaten angefangen, das zu akzeptieren. Aber ich will nicht meckern. Sie ist ein wunderbarer Mensch und man konnte vom ersten Tag feststellen, dass sie einen ganz eigenen Charakter hat.

Als Helene, so heißt sie, etwa ein halbes Jahr alt war, begann ich mich so langsam mit meiner Bachelorarbeit auseinanderzusetzten. Mein Ziel war es, einen Master anfangen zu können, sobald sie ein Jahr alt werden würde. Doch es war nicht so einfach, etwas mit Baby an der Seite zu vollbringen. Über Themen nachdenken, kann man zum Glück ganz gut, wenn man beim Stillen ans Sofa gefesselt ist. Von einer Anmeldung war aber lange Zeit keine Rede. Schließlich hätte ich lediglich acht Wochen Bearbeitungszeit gehabt. In einer guten Woche schaffte ich es, mich zwei Mal für zwei Stunden an die Abschlussarbeit zu setzten. In schlechten Zeiten passierte zwei Wochen lang gar nichts. Dadurch, dass ich mein Kind noch gestillt hatte, konnte ich auch nicht einfach mal in eine Bibliothek fahren, um dort in Ruhe zu arbeiten. Es musste also immer zu Hause passieren und regelmäßige Unterbrechungen waren leider die Regel. Ich vergleiche diesen ganzen Prozess gerne mit einem sich endlos ziehenden Kaugummi. Es nahm einfach kein Ende. Ein geregelter Workflow konnte gar nicht aufkommen, da die Arbeitszeiten einfach zu kurz waren. Ständig musste ich abwägen, ob jetzt der Bachelorarbeit, dem eigenen Schlaf oder der Hausarbeit Zeit gewidmet werden kann. Ich kann dieser Zeit des Schreibens nicht viel Positives abgewinnen. Die Einsicht, den eigenen Anspruch an die Arbeit herunterzuschrauben, half sehr dabei, das ganze durchzuziehen. Es musste einfach fertig werden. Nicht perfekt, sondern einfach fertig.

 
Helene zehn Monate alt

Als so langsam ein Ende in Sicht war, wagte ich dann tatsächlich den Schritt und meldete meine Arbeit an. Nun gab es ein Abgabedatum, welches ich glücklicherweise auch einhalten konnte. Da dies aber erst im September war, musste ich mich nun schon ohne richtigen Bachelorabschluss um einen Masterplatz kümmern. Glücklicherweise geht dies an vielen Universitäten und Hochschulen. Ich bewarb mich auf verschiedene Studiengänge und wurde letztlich für drei zur Immatrikulation zugelassen. Afrika-/Asienstudien, Medienwissenschaften und Druck- und Medientechnik. Aber was war denn mit Deutsch als Fremdsprache? Nun ja, ich hatte während meiner Bachelorzeit gelernt, dass dies doch nicht meinen Vorstellungen entsprach. Zugegebenermaßen hatte ich durch die Zeit im Bachelor an der TU aber auch genug Abstand zu Österreich gewinnen können, sodass ich mich innerlich zumindest ein wenig wieder auf meinen ehemaligen beruflichen Werdegang einlassen konnte. Als die Zusage von der BHT kam, dass ich Druck- und Medientechnik im Master studieren könnte, konnte ich mein Glück kaum fassen. Es ist einfach so, dass Geisteswissenschaften nicht immer die besten Berufschancen bieten, ein Ingenieursabschluss ist hingegen, sehr pragmatisch gesehen, einfach die sichere Wahl, weshalb ich mich auch für diesen Studiengang entschied.

Studium an der BHT

Meinen Nebenjob in der Presseabteilung kündigte ich zum Ende meiner Elternzeit, welche genau ein Jahr ging. Es war nicht realistisch, diesen auch noch parallel ausüben zu können.

Zum Wintersemester 2024, ich inzwischen 28 Jahre alt, begann also mein Master an der BHT. Meine Tochter war seit gut vier Wochen in der Kita, als ich meinen ersten Unitag hatte. Optimistisch wie ich war, belegte ich die vollen 30 Credits für das erste Semester. Es dauerte exakt eine Woche, da stellte ich fest, dass studieren mit Kind etwas ganz anderes war als ohne. Ich meine, grob hatte ich das auch schon beim Schreiben der Bachelorarbeit gemerkt, aber der Gedanke daran, mein Kind würde ja jetzt in der Kita sein, ließ mich etwas zu naiv an die Sache herangehen. Ich besprach also mit meinem Partner die Situation, welcher größtes Verständnis hatte und schon beeindruckt war, wenn ich denn die Hälfte der Punkte schaffen würde. Ich schmiss sogleich zwei Kurse aus meinem Stundenplan, sodass ich bei 22,5 Credits für das Semester landen würde. Es war definitiv eine Erleichterung. Nun musste ich aber trotzdem feststellen, dass Organisation in solch einer Lebensphase das A und O ist. An Tagen, an denen ich in der Uni bin, übernimmt mein Partner das Kind, vor und nach der Kita. An den anderen Tagen passt man sich den Umständen an. Trotzdem habe ich eigentlich nur von 9–15 Uhr Zeit, um etwas für die Uni zu machen, und das nur Werktags. Ein normales Studentenleben und -arbeiten ist einfach nicht mehr möglich. Am Wochenende ist das Kind nicht in der Kita, wochentags vor 9 und nach 15 Uhr auch nicht. Und wenn sie zu Hause ist, fordert sie die komplette Aufmerksamkeit von einem. Nachtarbeit, Arbeit am Wochenende usw. fällt also alles weg. Dementsprechend heißt es, die Zeit, die man hat, auch wirklich zu nutzen. Dass in dieser Zeit auch Erledigungen, Einkäufe, Haushalt, bürokratische Angelegenheiten, Sport, persönliche Hygiene, Paaraktivitäten und Arztbesuche untergebracht werden müssen, macht das Ganze noch mehr zu einem Tetris-Spiel der Zeit. Der Supergau ist natürlich, wenn die Kita auf Grund von Feiertagen zu hat oder das Kind krank ist und zu Hause bleiben muss. Das ist wie eine Art Bombe, die auf das eigene Konstrukt einschlägt und das fragile Kartenhaus an Planung in sich zusammenbrechen lässt. Ach ja, selbst krank werden kann man ja auch noch…

 
Helene 16 Monate alt

Im Umgang und Gesprächen mit Kommilitonen wird mir immer wieder bewusst, wie verschoben der Fokus zu sein scheint. Viele können das Studium als Priorität ansehen und sich geistig stets darauf einlassen. Die studentischen Nebenjobs werden bestmöglich an den Stundenplan angepasst. Ich kann mich leider nicht immer voll und ganz auf das Studium konzentrieren. Durch den kleinen Wirbelwind zu Hause habe ich einfach einen ganz anderen Fokus, auf den ich mich ständig konzentrieren muss. Auf der anderen Seite bin ich sehr glücklich über meine Helene. Ich bin durch das Elterndasein auf eine spezielle Art gereift und gewachsen, was mir ohne Kind nicht möglich gewesen wäre. Die Liebe, die man für seinen eigenen Nachwuchs empfindet, ist natürlich auch etwas, das sich meiner Meinung nach mit keiner anderen Art der Zuwendung im Leben vergleichen lässt.

An dieser Stelle muss ich noch anmerken, dass ich bereits wieder schwanger war, als ich den Master in Druck- und Medientechnik begann. Eng getaktet könnte man sagen, schließlich sind die Prüfungen ungefähr Anfang Februar, mein zweites Kind erwarte ich zum Anfang März. Zu früh sollte es also nicht kommen, ich will ja schließlich meine 22,5 Punkte auch wirklich abholen können. Demnach habe ich nicht nur ein Kleinkind zuhause, sondern trage auch noch einen kleinen Zwerg in meinem Bauch mit mir herum. Das ist ganz schön kräftezehrend, das muss ich mir selbst eingestehen. Ich muss auch lernen, zu akzeptieren, wenn mein Körper mir Signale sendet, mal eine Pause zu machen, auch wenn das Zeitmanagement dabei im Kopf Alarm schlägt.

Wie schon bei meinem ersten Kind, plane ich auch beim zweiten ein Jahr zu Hause zu bleiben. Mit Baby werde ich also keine Vorlesung besuchen, auch wenn dies an der BHT zugelassen wäre.

 
Text: Sarah Springer
 
 

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